Zwei Schülerinnen in der Bronx
Lob beim transatlantischen Ideenwettbewerb 
Körber-Stiftung zeichnet die Lohbrügger Schülerinnen für ihre Arbeit in New York aus. Ihr Thema: Armut fördert Kriminalität.
Von Anne K. Strickstrock
Lohbrügge/New York. Aus einem Streifenwagen heraus sahen sie, wie Polizisten Jugendliche zurück zu den Lehrern brachten. „Die haben die Schulschwänzer eingefangen, die Schüler haben sich gewehrt und waren sehr aggressiv", sa- gen Cynthia Kwakyewah und Susanne Benner. Sie sahen, dass am Eingang zur Highschool Metalldetektive sind: Messer und andere Waffen müssen draußen bleiben.
Die beiden 20-Jährigen waren im April eine Woche lang - tagsüber - in der New Yorker Bronx unterwegs. Sie wollten wissen, wie häufig Kriminalität mit Armut verknüpft ist. Denn: Etwa 31 Prozent der Familien in der Bronx leben unter der Armutsgrenze, es fehlt an Essen, Kleidung und Unterkunft. Für ihre Arbeit wurden die Lohbrügger Gymnasiastinnen von der Körber-Stiftung mit 300 Euro und einer Urkunde belohnt, beim Jugend-Special des USAble-Wettbewerbs.
„Wer die Schule abbricht, hat keine Perspektive mehr. Jugendliche schließen sich dann Gangs wie den Bloods oder den Crips an. Da finden sie Schutz und Geld", sagen die jungen Frauen, die von der Polizeiarbeit in der Bronx begeistert sind: „Die machen Schulprojekte und bieten Seminare gegen Gewalt an. Zudem werden Block-Partys organisiert, bei denen zum Beispiel Schwarze und Latinos gemeinsam grillen." Beim Besuch in der Bezirksverwaltung erfuhren sie, dass durch die Erneuerung des Yankee-Stadions mehr Touristen in die Bronx kommen - die da- durch eingenommenen Devisen sollen unter anderem dem sozialen Wohnungsbau dienen. Nicht zuletzt besuchten die Schülerinnen die soziale Organisation „Safe Horizon", an die sich jährlich 350 000 Opfer häuslicher Gewalt wenden. Die kostenlose und anonyme Beratung ermöglicht etwa Ersatz-Unterkünfte für ver- gewaltigte Frauen öder misshandelte Kinder. „Sie haben auf jeder Polizeiwache ein Büro mit zwei Mitarbeitern und wenden sich den Opfern zu", erklären Cynthia und Susanne, die ein solches System auch für Hamburg gut fänden.
Dass beide Frauen ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsbewusstsein haben, zeigt sich allein an ihren Berufswünschen: Susanne interessiert sich für ein Jura- Studium, Cynthia reist im August ins kanadischen Toronto: „Ich studiere Entwicklungspolitik und möchte später bei der UNO oder der Weltbank arbeiten", sagt die 20-Jährige. Zur Preisverleihung der Körber-Stiftung in Berlin fahren sie allerdings nicht: „Am 16. Juni habe ich meine mündliche Mathe- Prüfung", erklärt Cynthia.
		
	
		
	
		
	
		
	
		
	
		
	
		
	
„Wir wollten uns von dem Vorurteil befreien, die Schule kümmere sich nicht um Ausbildung und Berufsleben", erklärt Messekoordinatorin Martina Hoffmann. Die Lehrerin für Englisch und Deutsch will die Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Hochschulen ausbauen. Sie freut sich über die positive Resonanz der Schüler: „Diejenigen, die engagiert ihr Leben planen; fangen früh damit an. Da stehen auch schon Achtklässler und studieren die  Infobroschüren der Unternehmen." Am Airbus-Stand ist Zehntklässler Nils Zimmer (16) ins Gespräch mit einem Berater vertieft. „Ich interessiere mich für Technik, besonders aber für Luftfahrt", sagt der begeisterte Segelflieger. Er informiert sich auch über das sogenanntes duale Studium. „Da ist man parallel zur Uni auch in einem Betrieb, verdient also schon eigenes Geld", erklärt der Schüler. 
Beim Verband deutscher Reeder plant Jurian Idler (16) seine Zukunft. „Auf Technik habe ich zwar nicht so viel Lust, aber Schifffahrtskaufmann, das finde ich gut", sagt er und freut sich auf ein Praktikum in einer Reederei. Zoe Rott (15) ist sich bei ihrer Planung noch gar nicht sicher. „Klar würde ich gern Schauspielerin werden", gesteht sie und informiert sich über die Schule für Schauspiel Hamburg. Allerdings: Die finanziell unsichere Zukunft als Künstlerin macht Zoe Angst. Deshalb denkt sie über eine Zusatz-Ausbildung im Bereich Innenausstattung nach und wünscht sich noch mehr Infostände im Bereich Kunst und Design. Ihre Kreativität kann Zoe aber auch als „Springerling", also als Azubi des Axel-Springer-Verlages im Bereich Werbung und Mediengestaltung, beim NDR oder in der Media School einbringen.
13 englische Schüler im Alter zwischen 14 und 18 waren bis gestern bei 13 deutschen Schülern zu Besuch, ergründeten zehn Tage lang gemeinsam die E-Mail- und SMS-Sprache der beiden Länder. Einige der ersten Ergebnisse: Die englischen Jugendlichen kürzen zum Beispiel „tomorrow" einfach mit „2" ab oder „mate" für Kumpel mit „m8", die Deutschen schreiben „Lg" für „Liebe Grüße". Verbreitet ist auch „c u" (gesprochen wie das englische „see you") für „bis bald". „Es ist zwar manchmal anstrengend, aber trotzdem gefällt mir das Projekt. Nächstes Jahr würde ich gern wieder mitmachen", sagt der 14-jährige Yannik. 
Durch den zweisprachigen Unterricht am Gymnasium Lohbrügge ist dort laut Messe-Koordinatorin Martina Hoffmann das Interesse am Aufenthalt in anderen Ländern besonders groß. „Derzeit sind neun unserer Schüler für ein ganzes sowie sechs Schüler für ein halbes Jahr im Ausland", sagt Hoffmann. Allerdings sinke leider aufgrund der Verkürzung des Schulzeit von 13 auf zwölf Jahre das Interesse. Marcus Heitz, der ein Jahr in Minnesota (USA) verbrachte, musste aufgrund der neuen Regelung sogar zwei Schulklassen in Deutschland überspringen. Noch nimmt er die Arbeitsbelastung gelassen: „Klar habe ich in manchen Fächern mehr Lücken als die anderen." Allerdings lehre das Auslandsjahr noch viel wichtigere Dinge als Unterrichtsstoff. „Neben der Sprache habe ich vor allen Dingen Toleranz gelernt", sagt Nicola, deren Gastfamilie zu zehnt in einem kleinen Haus lebte, zweimal wöchentlich zur Kirche ging und ohne Krankenversicherung auskommen musste.