„C U 2!": Die geheime SMS-Sprache
Englische und deutsche Schüler erstellen ein virtuelles Wörterbuch
Lohbrügge (kp). Für Menschen jenseits der 30 ist die Kommunikation unter Jugendlichen oft ein Buch mit sieben Siegeln: Was bedeuten diese Abkürzungen in E-Mails und SMS? Was die dazugehörigen Wörter? „Jugendsprache - was sie sagen und was sie meinen", lautet der Titel eines internationalen „Comenius"-Projekts am Gymnasium Lohbrügge. Zwei Jahre lang werden Schüler des Gymnasiums Lohbrügge und der Millfield School in Somerset (England) gemeinsam ein virtuelles Wörterbuch erarbeiten.
13 englische Schüler im Alter zwischen 14 und 18 waren bis gestern bei 13 deutschen Schülern zu Besuch, ergründeten zehn Tage lang gemeinsam die E-Mail- und SMS-Sprache der beiden Länder. Einige der ersten Ergebnisse: Die englischen Jugendlichen kürzen zum Beispiel „tomorrow" einfach mit „2" ab oder „mate" für Kumpel mit „m8", die Deutschen schreiben „Lg" für „Liebe Grüße". Verbreitet ist auch „c u" (gesprochen wie das englische „see you") für „bis bald". „Es ist zwar manchmal anstrengend, aber trotzdem gefällt mir das Projekt. Nächstes Jahr würde ich gern wieder mitmachen", sagt der 14-jährige Yannik.
Das Gymnasium Lohbrügge ist die einzige Hamburger Schule, die dieses Jahrein bilaterales Comenius-Projekt umsetzen kann. Comenius ist der schulbezogene Teil eines EU-Programms für lebenslanges Lernen. Das Projekt in Lohbrügge wird von der EU mit 17 000 Euro gefördert. Schulleiter Michael Koops ist dankbar für die Chance: „Mit diesem Projekt können wir den Schülern Erfahrungen ermöglichen, die sie sonst vielleicht aus finanziellen Gründen nicht gemacht hätten. Zum Beispiel waren wir mit den englischen Austauschschülern in Berlin."
Auch die deutschen Schüler waren bereits in Somerset, besuchten dort vor drei Wochen das Internat. „Es war eine coole Erfahrung, mal eine Schule in einem anderen Land zu besuchen", resümiert der 14-jährige Alex. Auch die jungen Engländer sind begeistert: Ihm hätten die zehn Tage in Deutschland sehr geholfen, sein Deutsch zu verbessern, freut sich ein Schüler. „Und ich verstehe jetzt auch die deutschen Abkürzungen in E-Mails."
Den Leitern des Projekts, Martina Hoffmann und Mike Coase (Deutschlehrer in England), ist es wichtig, die Ent wicklung der Jugendsprache zu verfolgen: „Wir wollen den Schülern bewusst machen, wie sie die Sprache beispielsweise mit Abkürzungen verändern, die im Internet genutzt werden, und sie für die Sprachen sensibilisieren."
Auch nach dem Projekt wollen die Schulen über „eTwinning" (elektronische Schulpartnerschaft) verbunden bleiben, um sich weiter austauschen zu können. Ein „Online-Klassenraum" wird dabei helfen. Das Projekt wird am Ende einer EU-Kommision präsentiert und dann auch via Internet der Öffentlichkeit zugänglich sein. den Hamburger Schulbesuch ein Ausflug in den Reichstag sowie in das jüdische Museum folgt.
Bergedorfer Zeitung vom 3. November 2008
Schüler wollen in die Welt hinaus
Lohbrügge (pcs). Zwölf Monate lang ist Nicola Ecke weder Bus noch Bahn gefahren. Während dieser Zeit war die 17 Jährige nicht etwa im Dschungel oder am Nordpol, sondern bei einer Gastfamilie in einem Dorf in Texas. „Öffentliche Verkehrsmittel gab es dort nicht und das Benzin war teuer. Ich bin höchstens mal mit dem Pferd zur nächsten Tankstelle geritten, um zu shoppen", sagt die 17-jährige Schülerin.
Bei der Auslandsmesse „Being abroad" am Gymnasium Lohbrügge berichtete Nicola Ecke am Infostand des Veranstalters „Youth for understanding" (YFU) von dem bisher aufregendsten Jahr ihres Lebens. Zahlreiche Organisationen vom Sprachreisen-Anbieter bis hin zum gemeinnützigen Verein waren in der Empfangshalle der Schule zu Gast.
Fast alle Info-Stände sind von Schülern umlagert, die Katalogstapel schmelzen in sich zusammen: Das Interesse am Auslandsaufenthalt ist schon in den unteren Klassen groß „Ich will nach Kanada", sagt die Siebtklässlerin Annabelle Schröder. Über ihre Eltern hat die 13-Jährige bereits einige Kanadier kennengelernt, und trägt nun stolz die Flagge als Sticker am Pulli. Ein Jahr im Ausland traut sie sich erst in einigen Jahren zu: „Jetzt fahre ich erst mal zum Schüleraustausch nach England und schaue, wie ich da in einer Gastfamilie zurechtkomme."
Durch den zweisprachigen Unterricht am Gymnasium Lohbrügge ist dort laut Messe-Koordinatorin Martina Hoffmann das Interesse am Aufenthalt in anderen Ländern besonders groß. „Derzeit sind neun unserer Schüler für ein ganzes sowie sechs Schüler für ein halbes Jahr im Ausland", sagt Hoffmann. Allerdings sinke leider aufgrund der Verkürzung des Schulzeit von 13 auf zwölf Jahre das Interesse. Marcus Heitz, der ein Jahr in Minnesota (USA) verbrachte, musste aufgrund der neuen Regelung sogar zwei Schulklassen in Deutschland überspringen. Noch nimmt er die Arbeitsbelastung gelassen: „Klar habe ich in manchen Fächern mehr Lücken als die anderen." Allerdings lehre das Auslandsjahr noch viel wichtigere Dinge als Unterrichtsstoff. „Neben der Sprache habe ich vor allen Dingen Toleranz gelernt", sagt Nicola, deren Gastfamilie zu zehnt in einem kleinen Haus lebte, zweimal wöchentlich zur Kirche ging und ohne Krankenversicherung auskommen musste.
Billig ist diese Auslandserfahrung nicht: Über 6000 Euro kostet ein Jahr in den USA, die Preise für Trendziele wie Australien und Neuseeland liegen sogar bei bis zu 9000 Euro. Zahlreiche Veranstalter bieten jedoch einkommensunabhängige Stipendien an. Und auch die Stadt Hamburg fördert Familien mit bis zu 5000 Euro, damit kultureller Austausch kein Privileg für Reiche bleibt.
Bergedorfer Zeitung vom 13. November 2008